Bei strahlendem Sonnenschein ging am vergangenen Samstag für die 58 Abiturient*innen des St. Hildegardis-Gymnasiums ihre Schulzeit zu Ende. Zeugnisübergabe war in der festlich beleuchteten „Kraftzentrale“ des Landschaftsparks Nord.

„Kraftzentrale“ – schon dem Namen nach ist das wohl nicht der schlechteste Ort für die Abiturfeier des Duisburger St.-Hildegardis-Gymnasiums. Weil eine würdige Zeugnisübergabe mit Gästen
vielerorts coronabedingt kaum möglich ist, hatten die Stadt Duisburg und der Landschaftspark Nord den Schulen die weiträumige Industriekulisse im alten Stahlwerk für erschwingliche Konditionen
angeboten. Das bischöfliche Gymnasium nahm dankbar an – und feierte am Samstag in ungewohntem Ambiente den Abschied des Jahrgangs, der in der 5. Klasse einst als letzte reine Mädchen-Stufe der
traditionsreichen Schule gestartet war. Von einer möglichen Kraftlosigkeit war dabei auch nach eineinhalb Corona-Schuljahren keine Rede: Schulleiterin Sabine Kretschmann-Dulisch und Eva Lingen,
die Schuldezernentin des Bistums Essen, freuten sich bei der Zeugnisvergabe vielmehr über die „außergewöhnlich herausragenden Leistungen“.
Zugleich war die Feier der endgültige Abschied von der über 100-jährigen Geschichte des St.-Hildegardis-Gymnasiums als Mädchenschule. Denn der jetzt verabschiedete Jahrgang ist für die über
hundertjährige Geschichte des Hildegardis-Gymnasiums etwas besonders. „Es ist die erste gemischte Abiturientia!“, heißt es in einer Pressemeldung der Schule.
Seit dem Schuljahr 2014/2015 werden an der 1898 gegründeten Schule in der Duisburger Innenstadt auch Jungen unterrichtet. Mädchen und Jungen lernen zunächst in getrennten Klassen, deren
Schülerinnen und Schüler sich dann im Laufe der Schulzeit zum Beispiel im Sprachen-Unterricht mischen, bis in der Oberstufe alle Kurse Jungen und Mädchen offen stehen. „Bi-Education“ heißt das
Konzept, hinter dem die Schule heute voller Überzeugung steht – auch wenn sich Kretschmann-Dulisch noch lebhaft an den „holprigen Start“ erinnern kann: „Wir hatten einfach unterschätzt, welch‘
geballte Man-Power da plötzlich in unserer Schule war.“ Schließlich waren auch die meisten Lehrerinnen und Lehrer bis dahin nur den Unterricht von Mädchenklassen gewohnt. Aber mit klaren Regeln
und viel Einfühlungsvermögen habe sich das getrennte Lernen in der gemeinsamen Schulgemeinschaft bis heute bewährt.
Vor allem nach der langen Corona-Pause genießen nun alle Schülerinnen und Schüler sowie das gesamte Kollegium am St.-Hildegardis-Gymnasium jetzt noch bis zum Ferienstart am kommenden Wochenende
das Miteinander im Schulgebäude. „Ich bin froh, dass die Kinder jetzt alle wieder da sind“, betont Kretschmann-Dulisch. „Es war für alle Beteiligten ein ganz anstrengendes Jahr“, erinnert sie an
das Lernen und Lehren auf Distanz. Sie glaubt: „Gerade die Kinder, die vom Elternhaus kaum Unterstützung bekommen konnten, sind nun die Verlierer“. Im neuen Schuljahr werde es nun nicht nur darum
gehen, Lernrückstände wieder aufzuholen, sondern vor allem darum, „die Schülerinnen und Schüler wieder aufzubauen“.
Neben ihrem Lehrerkollegium setzt sie dabei auf Schulseelsorger, -solzialarbeiter und -psychologen. Aber auch der verpasste Lernstoff werde sich für viele Kinder und Jugendliche kaum nebenher
aufholen lassen. Deshalb werden nach den Sommerferien die Förderstunden in den unteren Klassen verstärkt, die Lernwerkstätten im Nachmittagsbereich aufgestockt und zusätzliche
Hausaufgabenbetreuungen angeboten.
Das klingt auch nach dem Sommer nicht nur nach routiniertem Schulalltag am St.-Hildegardis-Gymnasium – zumal dann noch die Zuwanderer-Kinder der neuen „Internationalen Vorbereitungsklasse“ die
Schulgemeinschaft vergrößern. Knapp 70 Lehrerinnen und Lehrer stehen Kretschmann-Dulisch dann für insgesamt gut 900 Kinder und Jugendliche zur Verfügung. Die Schulleiterin schaut trotzdem frohen
Mutes auf das nächste Schuljahr, verweist auf ihr „junges und sehr motiviertes“ Kollegium und betont: „Wir haben gelernt in der Zeit der Krise.“
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