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St. Martin oder St. Martina?

Schulleiterin vom St. Hildegardis spielt seit 2007 den St. Martin

Was die Schülerinnen und Schüler vom St. Hildegardis Gymnasium seit 2007 bei ihrem St. Martins-Umzug erleben, das ist schon etwas ganz Besonderes. Seitdem spielt den St. Martin nämlich Schulleiterin Dr. Sabine Kretschmann-Dulisch. In einem Interview mit ihrem für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an der Schule zuständigen Kollegen Dr. Jens Nürnberger berichtet sie von ihren Erfahrungen als weiblicher St. Martin. Oder sollten wir besser sagen: als St. Martina?

Schulleiterin Dr. Sabine Kretschmann-Dulisch als St. Martin beim Umzug am 15.11.2022  l  Foto: Jens Nürnberger
Schulleiterin Dr. Sabine Kretschmann-Dulisch als St. Martin beim Umzug am 15.11.2022 l Foto: Jens Nürnberger

Liebe Frau Dr. Kretschmann-Dulisch, danke, dass Sie sich die Zeit nehmen. Vorab würde ich gerne die Anredefrage klären. Lieber „St. Martin“ oder „St. Martina“?

 

St. Martin, da ich in die Rolle des St. Martins schlüpfe!

 

Als ich recherchiert habe, in welchen Orten es inzwischen überall einen weiblichen St. Martin gibt, habe ich einen älteren Zeitungsartikel über einen St. Martins-Zug in Krefeld gefunden. Sie gehören ja quasi zur ersten Generation der weiblichen St. Martins! 2007 waren Sie zum ersten Mal St. Martin. Wie kam es dazu?

 

Es fing sogar noch früher an. Seit den 80er Jahren habe ich den St. Martin als Herold begleitet. Herolde kennt kann man vielleicht von der Königsproklamation im Herbst in England. Als Herold im St. Martins-Zug trägt man auch eine feierliche Uniform mit Mantel, reitet dem Zug voran und kündigt das Kommen des St. Martins an. Als dann der damalige St. Martin sich zurückzog, bin ich vom Bürgerverein Nord-West in Krefeld angesprochen worden, ob ich diese Aufgabe übernehmen könnte - gerne habe ich zugesagt.

 

In anderen Artikeln berichten weibliche St. Martins davon, dass es zum Teil Vorbehalte gibt, dass eine Frau diese Rolle übernimmt. Wie sind Ihre Erfahrungen?

 

Nein, bisher habe ich ausschließlich gute Erfahrungen gemacht. Wenn ich als St. Martin beispielsweise Altersheime besuche, ist das immer rührend. Die alten Menschen freuen sich sehr, erzählen aus ihrer Kindheit und erkennen manchmal gar nicht direkt, dass sie einen weiblichen St. Martin vor sich haben. Wenn sie mich dann erkennen, rufen sie manchmal: „Oh, eine St. Martina, toll!“

 

Inzwischen ist der St. Martin-Umzug am Hildegardis schon Tradition. Wieso war es Ihnen wichtig, dieses Fest an der Schule zu etablieren?

 

Es ist so eine wunderbare Geschichte. Da teilt jemand seinen Mantel und rettet einem anderen das Leben, gibt ihm damit nicht nur ein Kleidungsstück, sondern auch Anerkennung und wieder Würde. Dieses Symbol des Teilens ist mir wichtig - gerade auch für das Schulleben. Wenn wir uns an die Martinsgeschichte erinnern, kann sie uns anregen, auch etwas zu teilen, das kann die Schokolade sein, es kann aber auch um Anerkennung und Wertschätzung gehen. Einfach Mal als Lehrer*in den Schülerinnen und Schülern Danke sagen für eine gute Stunde - natürlich auch umgekehrt!

 

Wie fühlt es sich an, als St. Martin aufzutreten?

 

Es ist mehr, als sich zu verkleiden! Gerade weil ich jedes Jahr aufs Neue merke, wie wichtig die Figur des heiligen Martins auch heute noch vielen Menschen ist, angefangen bei den ganz Kleinen im Kindergarten bis hin zu den Menschen im Altersheim. Es ist daher nicht ganz einfach, aber sehr schön, St. Martin zu verkörpern.

 

Was sind die großen Herausforderungen für Reiterin und Pferd bei einem Umzug?

 

Da sind zuerst die praktischen Schwierigkeiten zu nennen: Der Helm ist aus Metallblech und wiegt 2 Kilogramm. Wenn das Pferd dann eine Bewegung zur Seite macht, muss ich die Bewegung mit meinem Kopf ausgleichen, das geht schon ganz schön auf den Nacken. Ähnlich ist es mit dem Mantel. Von unten sieht der vielleicht leicht aus, es ist aber eine ganze Menge Stoff; schon das Gehen damit ist schwer. Hinzu kommt die Anspannung, man bräuchte Augen vorne und hinten. Ständig muss ich aufpassen, dass der Abstand zu den Kindern gewahrt bleibt und sie dem Pferd nicht zu nahe kommen. Die Situation aber, die für mich als Reiterin mit am anspruchsvollsten ist, ist die Mantelteilung. Hier muss ich das Schwert nehmen - auch das Schwert ist massiv - und den Mantel teilen, dabei habe ich dann nicht mit beiden Händen die Zügel in der Hand. Das geht alles auch nur mit einem sehr erfahrenen Pferd.

 

Reiten Sie eigentlich auf Ihrem eigenen Pferd?

 

Nein, ich leihe mir dafür extra ein Pferd aus. Mich unterstützt hier ein Reitstall, der auch Schulpferde verleiht, die bereits viele Erfahrungen auf St. Martins-Umzügen und beim Karneval gesammelt haben - diese Pferde bringt so schnell nichts aus der Ruhe.

 

Vielen Dank für das Interview.

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