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„Die Einsamkeit der Menschen nimmt zu“

Langjähriger Leiter der Telefonseelsorge Duisburg Mülheim Oberhausen zieht Bilanz

Foto: Rolf Schotsch
Foto: Rolf Schotsch

Wenn Olaf Meier Ende September in den Ruhgestand geht, wird er trotzdem bis Ende des Jahres weiter in den Räumlichkeiten der Ökumenischen Telefonseelsorge Duisburg Mülheim Oberhausen alle wichtigen Fäden zusammenhalten. Denn er möchte diesem wichtigen Dienst für die Menschen der drei Städte, der ihm mit den 125 ehrenamtlichen Mitarbeitenden so ans Herz gewachsen ist, den Übergang zu seiner Nachfolge gut gestalten.

 

Olaf Meier ist seit fast 27 Jahren Leiter der „TS“ - so nennen die 125 ehrenamtlichen Mitarbeitenden ihre Telefonseelsorge. 108 Bewerbungen gab es für die 1996 ausgeschrieben Stelle. Als Psychologe, Gesprächstherapeut und ehemaliger katholischer Priester war er gut qualifiziert und er hat überzeugt. Er entschied sich für dieses Arbeitsfeld, weil sich hier Theologie, Psychologie, Seelsorge und Beratung verbinden ließen. Und damals wie auch heute war für Meier klar: „Wir weisen niemanden zurück. Alle haben ein Recht, mit uns zu sprechen, auch Leute, die als nicht mehr therapierbar gelten.“

Telefonseelsorge per Telefon, Chat und E-Mail erreichbar

Angesprochen darauf, in welchen Lebenskrisen die Menschen sich vermehrt an die Telefonseelsorge wenden, berichtet er: „Vor 20 Jahren war ein Hauptthema der Anrufenden schwierige Beziehungen, heute sind es fehlende Beziehungen. Die Einsamkeit der Menschen nimmt zu.“ Für Meier sind die Ehrenamtlichen der TS Seelsorgende. Sie haben Lebenserfahrung, sind interessiert am Schicksaal anderer und bringen Einfühlungsvermögen mit. „Das sind die Voraussetzungen für eine Ausbildung zur Telefonseelsorge. „Die Mitarbeitenden tun ihren Dienst mit hoher Verbindlichkeit und Eigenverantwortung. Aber sie profitieren auch für sich selbst von den Erfahrungen am Telefon“, so Meier. „Sie wissen, sie lernen etwas für sich.“ Das persönliche Wachstum sei für eine langfristige Motivation viel entscheidender als die Frage, was man in Gesprächen erreicht. „Man kann nicht nur vom Erfolg motiviert sein“, erklärt Meier. In fast 50 Jahren TS Duisburg Mülheim Oberhausen haben ca. 600 Mitarbeitende - im Schnitt arbeiten sie zehn Jahre lang mit – rund 890 Tausend Anrufe entgegengenommen. „Wir sind für die Menschen und ihre Sorgen immer da“ sagt Meier mit einem Lächeln und auch ein wenig Stolz.

 

Neben der Seelsorge am Telefon erreichen die Telefonseelsorge aber auch viele Anliegen per E-Mail oder Chat. Im vergangenen Jahr waren das im Bereich Duisburg Mülheim Oberhausen 774 Mails. Hinzu kommen jährliche zwischen 250 und fast 400 einstündige Gespräche per Chat. Hierzu heißt es im Jahresbericht 2022: „Telefonseelsorge tut gut daran, die Internetarbeit in Mail und Chat auszubauen, um anschlussfähig zu bleiben für die Kommunikationswege, welche die junge Generation für ihre Anliegen wählt.“ Das Telefon werde immer wichtig bleiben. „Wir sind gut beraten, auf allen Kanälen präsent zu bleiben“ so Meier. Bleibend wichtig ist auch das Live-Gesprächsangebot namens „Krisenbegleitung“ für Menschen in suizidalen und anderen schweren Lebenskrisen. Ca. 200 Gespräche jährlich stabilisieren Menschen in diesen schwierigen Situationen.

 

Evangelische und katholische Kirche finanzieren das Angebot gemeinsam

Im nächsten Jahr wird Olaf Meier nicht mehr Teil dieses großen Teams sein. Er wird im Ruhestand lesen, wandern und Flugzeuge beobachten – all das, was er auch bisher tat, nur jetzt mit mehr Zeit und intensiver. Zum 50. Geburtstag der TS Duisburg Mülheim Oberhausen, den es in sechs Monaten zu feiern gilt, wünscht er jetzt schon seinen Leuten viel Freude an der Arbeit und dass es weiterhin der Seele gut tut, anderen zu helfen. Es soll auch nach wie vor viel gelacht werden, so Meier: „Wir haben hier oft ernste Themen, doch gerade der Humor ist eine Quelle der Motivation, gibt neue Kraft und gleicht vieles aus.“

 

Finanziert wird die Telefonseelsorge über Träger der beiden großen christlichen Kirchen. Das sind die evangelischen Kirchenkreise Duisburg, Mülheim und Oberhausen sowie das Bistum Essen. Der 1996 gegründete Förderkreis TelefonSeelsorge Duisburg Mülheim Oberhausen e. V. unterstützt zusätzlich kräftig mit und beteiligt sich an den Kosten für die einjährigen Ausbildungskurse neuer ehrenamtlicher Mitarbeitenden, die monatlichen Supervisionsgruppen und die Fortbildungen von Ehrenamtlichen. Wer spenden oder Mitglied im Förderkreis werden möchte, wendet sich an schriftlich an „Förderkreis TelefonSeelsorge Duisburg Mülheim Oberhausen e. V., Postfach 20 02 51, 47018 Duisburg“. Auch im Netz gibt es hierzu weitere Infos unter www.telefonseelsorge-duisburg.de/foerderkreis/. Mehr Infos zur Ökumenischen Telefonseelsorge Duisburg Mülheim Oberhausen gibt es im Netz unter www.telefonseelsorge-duisburg.de.

 


Olaf Meier schaut im Podcast ausführlich auf sein Wirken zurück

Schon Ende August hatte Olaf Meier sich die Zeit genommen, mit Rolf Schotsch vom ev. Kirchenkreis und Eva Wieczorek-Traut von der kath. Stadtkirche in einem Podcast ausführlich auf sein Wirken und seine Erfahrungen aus fast 27 Jahren als Leiter der Telefonseelsorge zurückzublicken. So erzählt er zum Beispiel von dem großen Engagement "seiner" gut 130 ehrenamtlichen Telefonseelsorgerinnen und -seelsorger, die hier Dienst tun. Er selbst bezeichnet sich und seine beiden Mitarbeitenden im Hauptamt als "Dienstleister für unsere Mitarbeiter. Die Ehrenamtlichen sind nicht unsere Helfer. Sie sind die Seelsorger. Und wir sind die Seelsorgenden der Seelsorger."


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