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„Neben dem Kirchturm wird dir geholfen“

Weihbischof Ludger Schepers beeindruckt vom Wirken der „Duisburger Werkkiste“ als kirchlicher Ort in Bruckhausen

© Inga Oepke, Duisburger Werkkiste
© Inga Oepke, Duisburger Werkkiste

„Die katholische Jugendberufshilfe ist ganz klar ein unverzichtbarer Teil unserer Kirche im Duisburger Norden.“ Mit diesen deutlichen Worten der Wertschätzung beschloss Weihbischof Ludger Schepers am 8. September seinen Besuch am Standort der Duisburger Werkkiste in Bruckhausen. Besonders beeindruckt zeigte der Weihbischof sich davon, wie hier die vielen Unterstützungsangebote für junge Menschen zum Einstieg in den Beruf Hand in Hand gehen mit einer von großem persönlichen Engagement der Mitarbeitenden geprägten Offenheit für die Sorgen und Nöte der Menschen vor Ort. „Ich beeindruckt davon, wie hier mit großer Selbstverständlichkeit tagtäglich denjenigen geholfen wird, denen besonders durch die Corona-Krise vielfach noch das letzte bisschen Sicherheit und Auskommen genommen worden ist“, betonte der Weihbischof.


Die katholische Liebfrauen-Kirche an der Schulstraße in Bruckhausen musste zwar im vergangenen Jahr von der Pfarrei St. Johann als Kirchenstandort geschlossen werden, aber kirchliches Leben und Wirken ist vor Ort geblieben. Denn die Werkkiste bietet neben den so wichtigen Berufsfördermaßnahmen vor allem ein stets offenes Ohr und eine helfende Hand für die Sorgen und Nöte der Menschen. Dafür sind zum einen sog. Kümmerinnen im Stadtteil unterwegs. Zum anderen gibt es aber auch die Erwerbslosenberatung, die derzeit Corona bedingt als sog. Fensterberatung angeboten wird und vor deren Fenster sich täglich eine lange Schlange Ratsuchender einfindet. Sie war die erste Station der Visitation des Weihbischofs in Bruckhausen.

Fensterberatung für Erwerbslose erweitert zur Armenberatung

© Inga Oepke, Duisburger Werkkiste
© Inga Oepke, Duisburger Werkkiste

Ursprünglich war die Fensterberatung nur für Ratsuchende gedacht, die wieder in Arbeit kommen wollen. Aktuell hat sie sich aber eher zu einer Armutsberatung erweitert. Denn seit Corona geht es den Menschen in Bruckhausen sehr schlecht. „Gerade die Osteuropäer, die vermehrt in Bruckhausen wohnen, leben in bitterer Armut, erzählt Beraterin Cigdem Mercan dem Weihbischof. Aber die Menschen wissen: „Neben dem Kirchturm wird mir geholfen.“ Und das eben nicht nur wenn es um eine Wiedereingliederung oder die Aufnahme von Arbeit geht.

 

Der Bischof fragt nach und bittet, doch einmal davon zu erzählen, mit welchen Anliegen sich in jüngster Zeit Menschen an die Fensterberatung gewandt hatten. Und Cigdem Mercan erzählt: Von der Frau, die noch vor drei Stunden bei ihr war, weil ihr Mann sie in der Nacht brutal geschlagen hatte. Sie hatte es geschafft, mit ihrem Kind zu entkommen, aber nun stand sie da und wusste nicht weiter. „Wo bekomme ich Hilfe?“ will sie wissen. Also klemmt sich Mercan ans Telefon und versucht Kontakt zum Frauenhaus und anderen Unterstützungsstellen für Frauen aufzunehmen.

„Ein ganzes Leben in einer schmuddeligen Plastiktüte“

Ein anderes großes Problem, mit dem die Werkkisten-Mitarbeiter regelmäßig konfrontiert sind, betrifft die immensen Schulden vor allem der hier lebenden Geflüchteten. Die Beraterinnen gehen davon, dass es sich bei vielen um Schuldenberge von bis zu 10.000 Euro handelt. Die Gläubiger: Krankenkassen und Stromversorger.  "Ihre ganze Habe passt in eine schmuddelige Plastiktüte. So stehen sie vor uns mit ihren Urkunden und Dokumenten eines ganzen Lebens und wissen nicht weiter. Die können wir doch nicht wegschicken, denen müssen wir doch mit unseren Möglichkeiten helfen“, erzählt Standortleiterin für Bruckhausen, Susanne Patzelt. Bei solchen und ähnlichen Fragen helfe auch das gute Netzwerk, in das die Duisburger Werkkiste in Bruckhausen und darüber hinaus eingebunden sei, betont sie. Dazu zähle vor allem das gute gemeindliche Netzwerk der Pfarrei St. Johann mit seiner personellen Unterstützung durch Pastoralreferentin und „Kümmerin“ Sr. Mariotte Hillebrand, dazu zähle aber auch der direkte Draht zu Schulen und Kitas, dem Deutschen Roten Kreuz, dem Kulturbunker Bruckhausen mit seiner gut bestückten Kleiderkammer für Kindersachen und nicht zuletzt auch die gute Kooperation mit der evangelischen Kirche und anderen unmittelbaren Nachbarn in Bruckhausen.

Weitere Stationen des Besuchs: Förderzentrum, Werkhalle und Café MA(H)LZEIT

Anschließend besuchte der Weihbischof noch das Förderzentrum und die benachbarte Werkhalle der Werkkiste in Bruckhausen. Beides Orte, wo vor allem junge Menschen ganz konkret auf den erfolgreichen Übergang in Arbeit und/oder Ausbildung herangeführt werden. Was das alles mit Kirche zu tun habe und wie er auch hier seinen christlichen Wertekodex in seiner täglichen Arbeit einbringen könne, wurde Sozialpädagoge Peter Bekiesch vom Förderzentrum gefragt. Seine Antwort: „Ich treffe täglich auf Menschen, die mit Kirche und Gott ‚nichts am Hut haben‘. Ihnen einfach nur durch meinen Umgang mit ihnen und mein Handeln zu zeigen, was Grundlage unseres Glaubens ist, das ist zwar sehr niederschwellig, aber ich kann auf diese Weise etwas von meinen christlichen Überzeugungen durch Vorleben vermitteln.“